Ansätze und Methoden
Genderansatz
Der Genderansatz legt Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts offen. Frieda setzt ihn gezielt ein, um Ungleichheiten in sozialen Prozessen und Institutionen entgegenzuwirken.
Der englische Begriff Gender wird meist mit «soziales Geschlecht». Er besagt, dass die Geschlechtszugehörigkeit von Personen nicht angeboren ist. Die Unterscheidung Frau – Mann ist vielmehr sozial konstruiert und historisch entstanden. Männliche und weibliche Merkmale, Verhaltensweisen und Zuschreibungen sind demnach konstruiert und im Fluss. Sie sind nicht eindeutig einem der beiden Geschlechter zuzuordnen und hängen nicht mit biologischen, sondern vielmehr mit sozialen Merkmalen zusammen.
Genderansatz macht Diskriminierung sichtbar
Der Genderansatz analysiert Geschlechtsidentitäten und insbesondere Geschlechterverhältnisse historisch, gesellschaftlich und kulturell. Dadurch werden Normen und Hierarchien sichtbar, die eine Geschlechterordnung herstellen und festschreiben. Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts werden offengelegt. Gender stellt somit eine zentrale Analysekategorie in feministischer Theorie, Politik und Bewegung dar. Frieda setzt den Genderansatz gezielt ein, um mit seinem Handeln Ungleichheiten in sozialen Prozessen und Institutionen entgegenzuwirken.
Durch Genderperspektive Gewalt vorbeugen
Frieda führt im Ausland Programme in (Post-)Konfliktgebieten durch. Infolge bewaffneter Konflikte sind in diesen Regionen sozial gefestigte Rollenmuster zwischen Männern und Frauen aufgebrochen. Wenn Kriegsbetroffene nach Hause zurückkehren, fordern sie vielfach ihre vormalige Stellung in der Familie zurück oder sind schwer traumatisiert. Auch deshalb kommt es insbesondere nach bewaffneten Konflikten zu einem markanten Anstieg von häuslicher und sexualisierter Gewalt. Die Programme von Frieda zielen darauf ab, Gewalt präventiv entgegenzuwirken und abzubauen. Die Konflikte können zwar nicht grundlegend beseitigt, mittels Konflikttransformation aber positiv verändert werden. Dies kann nur auf der Grundlage einer fundierten Kontextanalyse gelingen, welche die Genderperspektive miteinbezieht.
Menschenrechtsbasierter Ansatz
Frieda zeigt Lücken im gleichberechtigten Zugang zu Menschenrechten auf und entwickelt Lösungsansätze, um diese Lücken zu überwinden. Ziel der Projekte von Frieda ist es, die Geschlechtergleichstellung zu stärken und die Frauenrechte einzufordern und zu realisieren.
Lücken bei der Umsetzung von Menschenrechten aufzeigen und schliessen
Frieda stützt die Arbeit auf den Menschenrechtsansatz (Human Rights Based Approach – HRBA). Dafür werden die geltenden internationalen Menschenrechtsstandards gemäss der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und mehreren Übereinkommen einbezogen und deren lückenlose Umsetzung ein fordert. Diese Standards umfassen:
Partizipation
Empowerment
Rechenschaftspflicht und Rechtsstaatlichkeit
Gleichheit und Nicht-Diskriminierung
Universalität und Unteilbarkeit
Mit dem HRBA zeigt Frieda Lücken im gleichberechtigten Zugang zu Menschenrechten auf und entwickelt Lösungsansätze, um diese Lücken zu überwinden und mehr Gleichberechtigung zu erreichen. Dazu wird auch nationales Recht, dessen Lücken und effektive Umsetzung miteinbezogen.
Rechtsträger*innen stärken, Verantwortungsträger*innen in die Pflicht nehmen
Der menschenrechtsbasierte Ansatz unterscheidet zwischen:
Menschen mit Rechtsansprüchen (Rechtsträger*innen) und
Träger*innen von Rechtspflichten (Verantwortungsträger*innen)
Die Programme von Frieda richten sich an spezifische soziale Gruppen, deren Menschenrechte nicht erfüllt oder beschnitten werden. Mehrheitlich nehmen Frauen an Projekten teil. Sie werden als Rechtsträgerinnen gestärkt, damit sie ihre Rechte einfordern können. Gleichzeitig fordert Frieda die Rechenschaftspflicht des Staates und anderer Verantwortungsträger*innen ein. Dabei unterstützt Frieda die Verantwortungsträger*innen, Menschenrechte umfassend und gemäss den oben genannten Standards umzusetzen.
Empowerment
Teilnehmer*innen der Frieda-Projekten lernen, ihre eigenen Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Dieser Empowerment-Prozess auf individueller Ebene legt den Grundstein für sozialen Wandel.
Empowerment als Prozess hin zu mehr Selbstbestimmung
Empowerment (deutsch: Ermächtigung) steht als Methode und Ziel im Zentrum der Projekt- und Programmarbeit von Frieda. Dabei handelt es sich um einen Prozess der Selbstbemächtigung. Gemeint ist die Fähigkeit, das Gefühl der Macht- und Einflusslosigkeit zu überwinden und die eigenen Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Zentral ist der Gedanke, dass auch Menschen mit kleinem Machtanteil über ein Potential verfügen, ihre Lebensbedingungen zu verändern. Indem Frieda-Projekte den Zugang von Frauen und Jugendlichen zu Ressourcen wie Bildung, Arbeit /Einkommen, Recht, Gesundheit und soziale Dienstleistungen verbessern, können Empowerment-Prozesse eingeleitet werden.
Frauen als Akteurinnen sozialen Wandels
Ziel der Empowerment-Projekte von Frieda ist, das Verhältnis zwischen den Geschlechtern hin zu mehr Gerechtigkeit und Gleichstellung zu verändern. Damit aber Herrschafts- und Gewaltverhältnisse nachhaltig verändert werden können, muss der Empowerment-Prozess nicht nur auf der individuellen, sondern auch auf der kollektiven und gesellschaftlichen Ebene stattfinden. Deshalb werden Teilnehmer*innen der Frieda-Projekte individuell gestärkt: Sie werden nach individuellen Bedürfnissen betreut, eignen sich Kenntnisse und Kompetenzen an und finden so zu einem neuen Selbstbewusstsein. Gleichzeitig knüpfen sie Kontakte und organisieren sich in Netzwerken. Sie mobilisieren gemeinsam für ihre Anliegen und stellen ihre Forderungen gegenüber ihrem Umfeld, der Gesellschaft und Politik. Damit schaffen sie es, strukturelle und soziale Veränderungen zu bewirken. Sie spielen eine wichtige Rolle als Akteurinnen und Akteure sozialen Wandels.
Partizipation
Frauen und Jugendliche, die an den Frieda-Projekten teilnehmen, werden in allen Projektphasen miteinbezogen. Der partizipative Ansatz stellt sicher, dass die Bedürfnisse der Projekt-Teilnehmer*innen ins Projekt miteinfliessen.
Teilnehmer*innen gestalten Projekte aktiv mit
Frieda realisiert Projekte «mit» und nicht «für» Frauen und Jugendliche. Die Teilnehmer*innen werden in allen Projektphasen miteinbezogen, angefangen bei der Definition der Projektziele. Auch wenn es darum geht, ein Projekt zu planen, umzusetzen und zu evaluieren, sind sie beteiligt. Die Rollenverteilung zwischen der Projektleitung und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist zudem wenig hierarchisch. Der partizipative Ansatz stellt sicher, dass die Bedürfnisse der Teilnehmer*innen in den Projekten berücksichtigt werden. Und dass sie ihre Fähigkeiten möglichst gut einbringen und sich weiterentwickeln können.
Partizipation als Voraussetzung von Empowerment und sozialem Wandel
Frieda setzt partizipative Projekte mit Blick auf seine friedenspolitischen Anliegen um. Teilnehmer*innen partizipativer Projekte treten als Akteurinnen und Akteure auf, die sich individuell weiterentwickeln, indem sie Empowerment erfahren. Partizipation und Empowerment sind also untrennbar verknüpft. Gleichzeitig verändern sie ihr soziales Umfeld. Die Teilnehmer*innen organisieren sich zudem in Netzwerken, um ihre Anliegen gegenüber der Gesellschaft und Politik zu vertreten. Darin liegt ein grosses Potential für gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Gleichstellung und Frieden.
Psychosozialer Ansatz
Menschen, die Gewalt erfahren haben, sind oft traumatisiert. In Frieda-Projekten erhalten Betroffene psychosoziale Unterstützung, damit sie das Erlebte verarbeiten und zu einem selbstbestimmten Leben zurückfinden können.
Auswirkungen gewaltsamer Konflikte über Generationen hinweg
Menschen, die einen Krieg oder gewaltsamen Konflikt erlebt haben, sind oft traumatisiert. Solange sie die traumatischen Erlebnisse nicht verarbeiten können, bestimmen diese weiterhin ihr Leben und ihre Entwicklungsmöglichkeiten. Sie sehen sich als passives Opfer und werden handlungsunfähig. Das Trauma kann sich auch auf zukünftige Generationen übertragen, die den gewaltsamen Konflikt selber gar nicht erlebt haben. Es entsteht eine Gesellschaft, in der über das Geschehene nicht gesprochen wird und in der gegenseitiges Misstrauen vorherrscht. Eine Gesellschaft, die von Apathie sowie von Aggression geprägt ist – ein Gewaltzyklus, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Anwendung des psychosozialen Ansatzes in Konflikt- und Postkonfliktgebieten
Beim psychosozialen Ansatz geht es darum, die Gegenwart und die Vergangenheit zu verstehen, damit der Blick auf die Zukunft gerichtet werden kann. Als Methode bietet er sich für die Programmarbeit in Konflikt- und Postkonfliktgebieten an. Denn er trägt dazu bei, den sozialen Zusammenhalt wiederaufzubauen und zu stärken. In psychosozialen Beratungen und Therapien wird ein Zusammenhang zwischen psychischer und sozialer Lebenswirklichkeit hergestellt. Die Befindlichkeit der Menschen, ihr Inneres, Gefühle und Gedanken werden ins Verhältnis zur Umwelt gesetzt. Es kann also sowohl die individuelle als auch die soziale Dimension der Zerstörung eines gewaltsamen Konflikts bearbeitet werden.
Bewältigung von Traumata als Voraussetzung gesellschaftlichen Wandels
Ziel ist es, das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in andere Menschen zu stärken und die sozialen Beziehungen wieder herzustellen. Die Arbeit in Gruppen kann dabei helfen: Es wird ein Austausch darüber gefördert, was erlebt wurde und was dies bewirkt hat. Patientinnen und Patienten können so erkennen, dass sie mit ihrem Verlust und ihrer Trauer nicht alleine sind. Sie durchbrechen die Mauer des Schweigens und treten aus der Isolation heraus. Durch die Verarbeitung des Erlebten können Betroffene ihr eigenes Leben wieder selbstbestimmt in die Hand nehmen, soziale Verantwortung übernehmen und die Gesellschaft aktiv mitgestalten. Darin liegt ein grosses Potential, um einen langfristigen Prozess des gesellschaftlichen Wandels hin zu Frieden und Gerechtigkeit anzustossen.
Richtlinien
Frieda nimmt den Ansatz «do no harm» – richte keinen Schaden an – sehr ernst und hat sich deswegen verschiedene Richtlinien (Policies) gegeben.
Sexuellen Übergriffen vorbeugen
Die Richtlinie zum Schutz vor sexueller Ausbeutung, Missbrauch und Belästigung PSEAH (Prevention of Sexual Exploitation, Abuse and Harrassment), gilt für alle Mitwirkenden, also für die Mitarbeitenden, Freiwilligen, Vorstandsmitglieder, Berater*innen und Auftragnehmenden von Frieda. Frieda duldet keine Form von sexueller Ausbeutung, Missbrauch oder Belästigung. Die Organisation muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um Projektteilnehmer*innen und Mitwirkende zu schützen.
Anti-Korruption
Die Anti-Korruptions-Richtlinie wurde im Juni 2021 erneuert. Bei Frieda gilt eine Null-Toleranz gegenüber Korruption. Null-Toleranz bedeutet, dass Frieda keine Korruption im Zusammenhang mit der Arbeit von Frieda duldet. Über die Mailadresse corruption@frieda.org kann ein Verdacht über Korruption in Projekten von Frieda gemeldet werden. Frieda nimmt jeden Verdacht ernst und alle Fälle werden zeitnah, professionell, transparent und fair bewertet, bearbeitet, untersucht und diszipliniert.
Installierte Beschwerdemechanismen erlauben und ermutigen alle Mitwirkenden, einen Verdacht oder Vorfall zu melden.
Team und Vorstand haben Schulungen zum Thema PSEAH und Antikorruption sowie zu den zugehörigen Richtlinien erhalten.
Kinderschutz
In der Kinderschutz-Policy bekennt sich Frieda zu folgenden Werten:
Misshandlung und Ausbeutung von Kindern ist unter keinen Umständen tolerierbar.
Kinder haben das Recht auf Schutz vor Misshandlung und Ausbeutung (vgl. UN-Kinderschutzkonvention).
Erwachsene haben die Pflicht, Kinder vor Misshandlung und Ausbeutung zu schützen und in Verdachts- oder bestätigten Fällen Massnahmen zum Schutz des Kindes zu ergreifen.
Diese Werte setzt Frieda um, indem die Organisation sicherstellt, dass die Mitarbeiter*innen von Frieda sowie die Mitarbeiter*innen der Partnerorganisationen
sich der Problematik von Kindsmisshandlung bewusst sind,
die Risiken für Kinder minimieren,
jeden Verdacht ernst nehmen und Massnahmen ergreifen,
Betroffene und Personen, die einen Verdacht äussern, unterstützen und schützen,
bei Untersuchungen angemessen kooperieren,
die Sichtweise und Wünsche der Kinder anhören und ernst nehmen.
Glossar
Feministische Friedenspolitik
Friedenspolitik beschreibt das Bestreben, um feministischen Frieden zu erreichen sowie Armut, Konflikte und globale Ungerechtigkeit zu beseitigen.
DetailinfosFeministischer oder positiver Frieden
Positiver Frieden meint über die Abwesenheit von direkter Gewalt (negativer Frieden) hinaus die Abwesenheit von struktureller und kultureller Gewalt.
DetailinfosGendertransformativer Ansatz
Der gendertransformative Ansatz richtet den Fokus auf die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern und die Ursachen der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten.
DetailinfosGeschlechtsspezifische Gewalt
Geschlechtsspezifische Gewalt, oft auch sexualisierte Gewalt, bezeichnet Gewalt, die einer Person aufgrund ihres sozialen oder biologischen Geschlechts angetan wird.
DetailinfosUN-Resolution 1325
Die im Jahr 2000 verabschiedete UN-Resolution 1325 Frauen, Frieden, Sicherheit gilt als Meilenstein der feministischen Friedens- und Sicherheitspolitik.
Detailinfos