16 Tage gegen Gewalt an Frauen: Psychische Gewalt

Psychische Gewalt ist häufig subtil und von außen unsichtbar. Sie kann jedoch schwerwiegende und lebensgefährdende Folgen haben. Die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» finden dieses Jahr zum ersten Mal in der ganzen Schweiz statt.

Medienmitteilung «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», 24. November 2023

Unsichtbare Gewalt sichtbar machen

Beleidigungen, Erniedrigungen, Drohungen, Belästigungen, Verbote und Kontrolle: All das sind Formen psychischer Gewalt. Sie ist häufig subtil und von außen unsichtbar. Doch sie kann für Betroffene schwerwiegende und lebensgefährdende Folgen haben. Mit der Präventionskampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» informieren und sensibilisieren über 250 Organisationen zu geschlechtsspezifischer Gewalt. Zum ersten Mal finden die Aktionstage dieses Jahr in der ganzen Schweiz, auch in der Romandie und im Tessin statt. Zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember finden in der ganzen Schweiz über 200 Veranstaltungen und Aktionen statt. Frieda – die feministische Friedensorganisation, ehemals cfd, koordiniert die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» seit 2008. Die 16 Aktionstage sorgen als grösste Präventionskampagne der Schweiz für eine erhöhte Sensibilisierung der Bevölkerung und eine bessere Sichtbarkeit von Beratungs- und Unterstützungsangeboten.

Psychische Gewalt, die in allen Formen von Gewalt vorkommt, wird meist nicht als solche erkannt. Sie ist Teil der Spirale von Häuslicher Gewalt und die am weitesten verbreitete Form in Paarbeziehungen. Mehr als 40% der Frauen in Europa erfahren psychische Gewalt. Fast 20% der Frauen waren mindestens einmal in ihrem Leben von Stalking betroffen. Auch Belästigung ist eine Form psychischer Gewalt und macht ebenfalls einen grossen Teil der Gewalt aus, die LGBTQIA+-Personen erleiden. Der Nährboden für geschlechtsspezifische Gewalt sind fehlende Gleichstellung und ungleiche Machtverhältnisse. Dies führt auch zur Verharmlosung von Gewalt – besonders auch von psychischer Gewalt.

Betroffene von psychischer Gewalt werden herabgesetzt und isoliert. Das macht es schwierig die Gewalt zu erkennen, zu identifizieren und professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Weil psychische Gewalt an sich häufig keine Straftat darstellt, sind Beratungs- und Fachstellen in ihrem Angebot an Unterstützung, insbesondere finanzieller Unterstützung, eingeschränkt. Morgane Kistler, Projektleiterin von Violence Que Faire, berichtet: «67% der Fragen in unserer Online-Beratung betreffen Situationen psychischer Gewalt.» Das erste Bedürfnis der Opfer sei es, zu erkennen, ob sie tatsächlich Gewalt erleben, obwohl diese subtil ist und keine sichtbaren Spuren hinterlässt. Nach der Bewusstwerdung versuchen die Betroffenen, sich zu schützen und aus dem Netz der Kontrolle und Abhängigkeit, das ihr Partner gesponnen hat, auszubrechen. Morgan Kistler fügt hinzu: «Die Schwierigkeit besteht oft darin, dass die Betroffenen zwar Opfer wiederholter psychischer Gewalt durch ihren Partner sind, aber nicht unbedingt Opfer im Sinne des Gesetzes.».

Es gibt jedoch auch erfreuliche Entwicklungen: Eine geplante Änderung des Strafgesetzbuches soll einen eigenen Straftatbestand für Stalking aufnehmen, damit Online- und Offline-Vorfälle untersucht, verfolgt und bestraft werden können. Lena Feldmann, Beraterin bei der Fachstelle Stalking-Beratung der Stadt Bern definiert: «Stalking ist eine einseitige, wiederholte, belästigende, über einen längeren Zeitraum dauernde, gegen den Willen einer oder mehreren Personen gerichtete Verhaltensweise.» Stalking ist für Betroffene massiv belastend. Es ist wichtig, dass diese adäquat unterstützt werden. Greta Gysin, Nationalrätin aus dem Tessin, stimmt zu: «In der Politik, aber auch in der Gesellschaft und bei Fachpersonen muss noch viel getan werden, um psychische Gewalt zu erkennen und zu verhindern. Gesetze und Gerichtsverfahren müssen angepasst werden, wie es die Istanbul-Konvention verlangt. Aber auch die nötigen Ressourcen für die Prävention und die Hilfe für die Opfer müssen bereitgestellt werden!»

«Die Anerkennung von psychischer Gewalt und der Zugang zu Beratungsstellen für Betroffene müssen gewährleistet sein», fügt Anna-Béatrice Schmaltz, die für die Präventionskampagne in der Deutschschweiz verantwortlich ist, an. Dafür sind ausreichende finanzielle Mittel und zusätzliche Massnahmen erforderlich. Die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» rufen zudem zu einer konsequenten Umsetzung der Istanbul-Konvention, des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Häuslicher Gewalt auf. Diese Umsetzung wird leider noch viel zu wenig ernst genommen. Dies zeigt auch der skandalöse Entscheid des Bundesrates keine Präventionskampagnen gegen Gewalt finanzieren zu wollen.

Erstmals koordinierte Kampagne in der ganzen Schweiz

Die Präventions- und Sensibilisierungskampagne der «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» wird 2023 zum ersten Mal in allen Schweizer Sprachregionen koordiniert. Über 250 Organisationen beteiligen sich mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen: Podiumsdiskussionen, Lesungen, Filmvorführungen, Strassenaktionen, digitale Kampagnen und vieles mehr. Die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» finden seit 16 Jahren in der Deutschschweiz statt und setzen ein starkes gesellschaftliches Signal gegen geschlechtsspezifische Gewalt.

Die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» beginnen am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Am Freitag, den 24. November 2023, findet um 12.45 Uhr auf dem Bahnhofplatz in Bern eine Lancierungsaktion zur Kampagne statt. Es werden anonymisierte Erfahrungsberichte von Opfern psychischer Gewalt verlesen und dabei das Handzeichen, das sich während der Covid-19-Pandemie als Geste des Hilferufes von Betroffenen von Häuslicher Gewalt verbreitet hat, gemeinsam und solidarisch dargestellt.

Kontakt:
Anna-Béatrice Schmaltz, Leiterin des Programms zur Prävention von Gendergewalt und Kampagnenleiterin, Frieda – die feministische Friedensorganisation anna-beatrice.schmaltz@frieda.org, 079 557 78 85

Weitere Informationen:
Weitere Informationen zu den 16 Tagen gegen geschlechtsspezifische Gewalt und psychische Gewalt finden Sie auf der Website www.16tage.ch.
Hier finden sie ein Faktenblatt zum Fokusthema psychische Gewalt in Deutsch. Fiche d'information en français.
Einen interaktiven Kalender mit allen Veranstaltungen während der «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» finden Sie unter www.16tage.ch/de/veranstaltungskalender.
Über 250 Organisationen beteiligen sich an den «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Hier finden Sie die Liste der teilnehmenden Organisationen.

Fotos sowie das Kampagnenlogo und -visual sind ab dem 24.11.23 hier verfügbar.

Medienmitteilung deutsch

Communiqué de presse, en français

Comunicato stampa, in italiano

Referate der Medienkonferenz vom 24. November 2024:
Begrüssung durch Anna-Béatrice Schmaltz, in Deutsch
Begrüssung durch Isabel Vidal, in Französisch
Referat Greta Gysin, Nationalrätin GRÜNE Tessin Deutsch, Français, Italiano
Referat Morgane Kistler, Projektleiterin Violence Que Faire Français, Deutsch, Italiano
Referat Lena Feldmann, Fachstelle Häusliche Gewalt und Stalking-Beratung Stadt Bern: Deutsch, Französisch, Italiano

Frieda – die feministische Friedensorganisation setzt sich dafür ein, dass Frauen und Jugendliche gleichberechtigt Zugang zu Lebensgrundlagen, Rechten, Mitbestimmung und Entfaltungsmöglichkeiten haben. Die Projekte im In- und Ausland fördern eine gewalt- und diskriminierungsfreie Gesellschaft. Frieda ist in der internationalen Zusammenarbeit aktiv in Nahost, im Maghreb und in Südosteuropa. Frieda lancierte die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» 2008 in der Deutschschweiz und koordiniert sie seither. In der Schweiz realisiert Frieda Teilhabe-Projekte mit Migrantinnen und Aktivist*innen und nimmt Stellung zu friedens- und migrationspolitischen Fragen. Frieda ist politisch und religiös unabhängig. www.frieda.org

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